Intrinsisch lockingfreie Formulierungen

Forschungsprojekt

Eine Studie über geometrisch und materiell lockingfreie Finite-Elemente-Formulierungen

Überblick

  • Anwendbarkeit hierarchischer Formulierungen und Mixed-Displacement-Formulierungen für strukturmechanisch Probleme
  • Hierarchische Reparametrisierungstechniken für Membranlocking
  • Eliminierung intrinsisch volumetrischer Lockingeffekte

Projektbeschreibung

Hintergrund

Locking führt bei Problemen der Strukturmechanik zu einer geringeren Konvergenzrate im präasymptotischen Bereich. Locking-Effekte hängen von bestimmten kritischen Parametern ab, z. B. der Schlankheit einer Schale. Dieses numerische Problem führt zu unterschätzten Verschiebungswerten und oszillierenden, parasitären Spannungen. Locking tritt unabhängig vom Diskretisierungsansatz (wie der Finite-Elemente-Methode (FEM), der isogeometrischen Analyse (IGA), netzfreien Methoden oder Kollokationsmethoden) auf, welcher zur Lösung der zu Grunde liegenden physikalischen Gleichungen verwendet wird. Obwohl im Laufe der Jahre viele Lösungen zur Beseitigung oder Abminderung von Locking-Effekten entwickelt wurden (z. B. Enhanced-Assumed-Strain- (EAS) und Assumed-Natural-Strain-Methode (ANS), reduzierte Integration, hybride Methoden, Discrete-Strain-Gap-Methode), sind diese meist spezifisch für ein Diskretisierungsverfahren (z. B. die FEM) und nicht direkt auf andere Diskretisierungsmethoden übertragbar. Der Ursprung von Locking ergibt sich jedoch nicht aus dem Diskretisierungsschema, sondern aus den Differentialgleichungen, die das eigentliche physikalische Problem bestimmen. Dies führt zu der Motivation, das zu steife Verhalten auf einer theoretischen Ebene offenzulegen.

Die Philosophie besteht darin, die Gründe für Locking zu beseitigen, anstatt die Symptome zu bekämpfen.

 

Hierarchische Formulierungen und eine Mixed-Displacement-Formulierung

Ziel ist es, ein intrinsisch lockingfreies Problem zu erhalten, das mit jedem Standard-Diskretisierungsschema gelöst werden kann und ohne besondere Tricks eine grobmaschige Genauigkeit unabhängig von den Problemparametern erreicht. Aus diesem Grund wurden in den letzten zehn Jahren eine Reihe hierarchischer Formulierungen und eine Mixed-Displacement-Formulierung (MD) entwickelt. Erstere wurde durch Reparametrisierung der maßgeblichen kinematischen Gleichungen gewonnen, während letztere einen speziell entwickelten Differentialoperator enthält, der auf neue unabhängige Variablen angewendet wird, um einen besseren Ansatzraum zu erhalten. Die grundsätzliche Gültigkeit dieser Ansätze wurde bereits mit mehreren numerischen Beispielen bestätigt. Dennoch bringen diese Methoden ihre eigenen Herausforderungen mit sich.  

Ergebnisse der Querkräfte (Q_xz) für eine gelenkig gelagerte Platte (10x10) mit gleichmäßig verteilter Last und Schlankheit L/t=10000
Ergebnisse der Querkräfte (Q_xz) in Plattenmitte (y=5.0) für eine gelenkig gelagerte Platte (10x10) mit gleichmäßig verteilter Last und Schlankheit L/t=10000

Herausforderungen und Ziel der Forschung

Für diese neuen Formulierungen ist die Aufbringung von Randbedingungen nicht einfach. Bei hierarchischen Formulierungen führt die Reparametrisierung dazu, dass die gesamte Querdehnung oder neu eingeführte Schubverschiebungen als unabhängige Variablen gewählt werden müssen. Dies erschwert die Anwendung von Rotations-Dirichlet-Randbedingungen. Diese neuen unabhängigen Variablen schaffen auch einen parasitären Nullraum der Steifigkeitsmatrix, der durch die Festlegung bestimmter zusätzlicher Randedingungen entfernt werden muss. Die neu eingeführten unabhängigen Variablen in den Mixed-Displacement-Formulierungen erfordern ähnliche Randbedingungen. Darüber hinaus sind hierarchische Formulierungen besser geeignet, um nur Querschublocking zu vermeiden, während die Mixed-Displacement-Formulierung verwendet werden kann, um sowohl Querschub- als auch Membranlocking zu vermeiden.

Das aktuelle Forschungsprojekt konzentriert sich auf die Untersuchung der zusätzlich erforderlichen zusätzlichen Randbedingungen mit der Motivation einer allgemeineren Anwendbarkeit dieser Formulierungen. Techniken zur Reparametrisierung werden weiter erforscht, um auch Membranlocking-Effekte zu vermindern. Ein weiterer Schwerpunkt des Forschungsprojekts ist die Untersuchung der Möglichkeit, ähnliche Methoden zu entwickeln, um volumetrische Lockingeffekte abzuschwächen. 

Projektdaten

Projekttitel:
Intrinsisch lockingfreie Formulierungen für Probleme der Strukturmechanik
Förderung:

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Sachbeihilfe BI 722/12-1, GEPRIS-Projektnummer 452589815

Veröffentlichungen

  1. Oesterle, B., Thierer, R., Krauß, L.-M., & Bischoff, M. (2024). Hierarchische Formulierungen für statische und dynamische Analysen von Flächentragwerken. In B. Oesterle, A. Bögle, W. Weber, & L. Striefler (Hrsg.), Berichte der Fachtagung Baustatik – Baupraxis 15, 04. und 05. März 2024, Hamburg (S. 357--364). https://doi.org/10.15480/882.9247
  2. Bieber, S., Oesterle, B., Bischoff, M., & Ramm, E. (2022). Strategy for Preventing Membrane Locking Through Reparametrization. In F. Aldakheel, B. Hudobivnik, M. Soleimani, H. Wessels, C. Weißenfels, & M. Marino (Hrsg.), Current Trends and Open Problems in Computational Mechanics. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-030-87312-7_7
  3. Bieber, S., Oesterle, B., Ramm, E., & Bischoff, M. (2018). A variational method to avoid locking – independent of the discretization scheme. International Journal for Numerical Methods in Engineering, 114, 801–827. https://doi.org/10.1002/nme.5766
  4. Oesterle, B., Bieber, S., Sachse, R., Ramm, E., & Bischoff, M. (2018). Intrinsically locking-free formulations for isogeometric beam, plate and shell analysis. Proc. Appl. Math. Mech., 18. https://doi.org/10.1002/pamm.201800399
  5. Oesterle, B., Sachse, R., Ramm, E., & Bischoff, M. (2017). Hierarchic isogeometric large rotation shell elements including linearized transverse shear parametrization. Computer Methods in Applied Mechanics and Engineering, 321, 383–405. https://doi.org/10.1016/j.cma.2017.03.031
  6. Oesterle, B., Ramm, E., & Bischoff, M. (2016). A shear deformable, rotation-free isogeometric shell formulation. Computer Methods in Applied Mechanics and Engineering, 307, 235–255. https://doi.org/10.1016/j.cma.2016.04.015
  7. Echter, R., Oesterle, B., & Bischoff, M. (2013). A hierarchic family of isogeometric shell finite elements. Computer Methods in Applied Mechanics and Engineering, 254, 170–180. https://doi.org/10.1016/j.cma.2012.10.018

Bearbeitung:

Dieses Bild zeigt Tarun Kumar Mitruka Vinod Kumar Mitruka

Tarun Kumar Mitruka Vinod Kumar Mitruka

M. Sc.

Akademischer Mitarbeiter

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